Fatale Aussichten für antarktisches Schelfeis

In einem vergangenen Artikel haben wir bereits über den Klimawandel und seine dramatischen Auswirkungen auf der Antarktis berichtet. Geographisch bleiben wir in diesem Bereich zwar erst einmal hängen, thematisch soll es aber an dieser Stelle um den Zusammenhang zwischen Klimaerwärmung und Schelfeisschmelze gehen. Bevor es im Kern um die genauen Gründe geht, sei eins vorneweg klargestellt: Der Rückgang des Schmelzeises ist bereits in vollem Gange und nimmt rasanter Fahrt auf denn je. Ost- und West-Antarktis haben gemeinsam eine Speicherkapazität von knapp 27 Millionen Kubikkilometer Eis. Wenn dieses schmilzt, würde der globale Meeresspiegel gefährlich hoch ansteigen, knapp 60 Meter sogar. 


Schelfeis: „schwimmende Eiszungen“ als zentrale Bremsregulierer

Was genau aber ist Schelfeis und in welchem Zusammenhang steht es letztlich zur globalen Erderwärmung? Generell befindet sich das Eisschild nicht allerorts auf einer fixen Basis, sodass sich das Eis an den kontinentalen Randarealen teils mehrere hundert Kilometer auf das Südpolarmeer verlagert. Ganz salopp könnte man das Schelfeis also als „schwimmende Eiszungen“ bezeichnen. Bestenfalls blockieren diese das Hinabrutschen von Eismassen  höherer Gebiete in tiefer situierte Küstenterrains. Das funktioniert normalerweise deshalb so gut, weil das 1600 Meter dicke Schelfeis auf Inseln liegt, die auf Grund des Bodenkontakts als „Bremskeil“ fungieren und das Eis erstens so am Weiterrutschen hindern. Zweitens reguliert das Schelfeis die Fließdynamik, indem es durch die Reibung der Bodenberührung das Tempo des Eisflusses verringert.

Gefahren der Schelfeisschmelze

Vor dem Hintergrund des stetigen Temperaturanstiegs, wird es auch in der Antarktis tendenziell immer wärmer. Vor diesem Hintergrund wäre ein Wegfall der Schelfeisplatten natürlich verheerend, zumal diese als wichtige Eindämmungsfaktoren und Bremsregulierer gelten. Vor den Schelfeisplatten entsteht das klassische Meereis, das einströmendes warmes Wasser im Normalfall abblockt. Sobald aber die Temperaturen steigen, ist die Gefahr groß, dass die natürliche Bremsmechanik einstürzt. Damit wäre auch der natürliche Kältestopp durch das Meereis nicht mehr garantiert. Das Warmwasser würde sich dann auf den kontinentalen Schelf verlagern und tief unter das Schelfeis fließen. Ist dieser Vorgang einmal im Gang, so lässt sich rückwirkend nichts mehr zum Besseren wenden. Das Warmwasser kurbelt die Eisschmelze nur noch weiter an, sodass sich immer mehr Eisschmelze bildet und das warme Wasser unaufhörlich an die Schelfunterseite getrieben wird.


Schelfeis im Amundsenmeer: 77 Prozent mehr Eisschmelze als vor 40 Jahre

Bestes Negativbeispiel ist in diesem Rahmen der Amundsensee, wo sich momentan exakt diese dramatische Entwicklung vollzieht. Setzt man die aktuellen Schmelzraten in Relation zu denen aus dem Jahr 1977, so stellt an fest, dass im Amundsensee aktuell 77 Prozent mehr Eis schmelzen als vor 40 Jahren. Das Tempo, mit dem das Gletschereis zum jetzigen Zeitpunkt in Richtung Meer dringt ist vergleichsweise ebenso erschreckend hoch. Mit dem Schmelzvorgang reduziert sich auch die Dicke der Gletscher und Schelfeise. Die Aufsetzlinie, die Gletscher und Schelfeis eigentlich verbindet, verschiebt sich nach hinten, sodass der Bodenkontakt und damit auch die Bremsfunktion wegfällt. Laut Forscher der University of California verschiebt sich diese Linie im Amundsenmeer jährlich sogar um nahezu einen Kilometer. Aufhalten kann man diese Dynamik dort nicht mehr, die West-Antarktis ist massiv gefährdet, was den Rückgang des Eisschildes betrifft. Gleiches gilt übrigens auch für das Filcher-Ronne-Schelfeis. 

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